Kalender 2006 - Mai
Ferrus flog über die Länder des goldenen Lichts Er war
hoffnungsvoll gerade hier, wo die Menschen die Gelassenheit einer weichen
Teestunde lebten, einen Ort für das Korn zu finden. Es war ein
Wolkenbruch, der den reisenden Vogel Unterschlupf suchend in einen
verwunschenen Tempelgarten trieb Die kleine Pagode in seinem Innern schien
schon lange verlassen, doch noch immer leuchtete das Blattgold ihrer Kuppel
sehr heilig. Ferrus erinnerte sich, dass Gold die Farbe der Weisheit ist.
Vielleicht war das ja ein gutes Zeichen, und so betrat er neugierig das alte
Gemäuer. Im Halbdunkel öffnete sich ein runder Raum von dessen
Wänden blasse Figuren schauten. Sonst war hier nichts und niemand, nur
müdes Laub raschelte über den Lehmboden. So hockte sich der Uhu in
die Stille und wartete auf das Ende des Regens, als er unvermittelt hinter sich
einen Windhauch spürte. Ferrus drehte blitzschnell seinen Kopf um 270 Grad
und erspähte zwei blitzende Augen, die ihn aus einem dreieckigen Gesicht
anblickten: "Hast du dich verirrt?", herrschte ihn die Tempeleule an. Der
Fischuhu staunte: "Ah, welch' seltene Begegnung, eine Maskeneule." Die schaute
den Eindringling argwöhnisch an und verrenkte sich bei ihrer Betrachtung
derart eigenwillig, dass es aussah, als trüge sie schwer an einem Buckel.
Ferrus dachte bei sich, jetzt weiß ich, weshalb man diese Schwestern auch
Fratzeneulen nennt, aber er verkniff sich seine spitze Zunge und erklärte
sich höflich. |